In meiner aktuellen Rede zur Debatte um den Gozi-Bericht, in welchem die institutionellen Folgen der EU-Erweiterung thematisiert werden, unterstütze ich die Analyse sowie viele der vorgeschlagenen Reformen grundsätzlich – doch benenne einige zentrale Bedenken.
Die EU steckt in einer tiefen Verfassungskrise. Eine wirkliche europäische Verfassung besteht bis heute nicht, sodass wir uns weiterhin auf den kompliziert ausgehandelten Lissabon-Vertrag stützen müssen. Angesichts einer möglichen Erweiterung auf über 30 Länder muss die grundlegende Frage beantwortet werden: Wie viel nationale Souveränität wollen wir tatsächlich erhalten, und wie viel sind wir bereit, an europäische Institutionen abzugeben? Diese Entscheidung darf nicht über die Köpfe der Bürgerinnen und Bürger hinweg getroffen werden.
Gerade bei den Fragen von Krieg und Frieden fordere ich, dass besonders junge Menschen – die tatsächlich die Hauptlast zukünftiger Konflikte tragen würden – mitentscheiden können. Denn während über „Kriegstüchtigkeit“ diskutiert wird, sind diejenigen, die es am meisten betrifft, oft nicht ausreichend im Parlament vertreten.
Auch zur europäischen Rüstungsindustrie vertrete ich eine klare Position: Eine solche Struktur kann ich nur dann befürworten, wenn sie unter klarer gesellschaftlicher Kontrolle steht und nicht den Interessen der Rüstungskonzerne folgt.
Als Vertreter des Bündnisses Sahra Wagenknecht sage ich daher deutlich: Für uns stehen die Interessen der Menschen und die Demokratie im Mittelpunkt. Eine Erweiterung darf nicht zulasten sozialer Rechte, demokratischer Mitbestimmung und friedenspolitischer Prinzipien erfolgen. Die EU muss zunächst ihre demokratischen und sozialen Grundlagen stärken, bevor sie auf über 30 Mitglieder anwächst.