In einer ausführlichen Ausgabe von „Moin & Glück Auf!“ berichte ich aus Straßburg nach Ursula von der Leyens mit Spannung erwarteter Rede zur Lage der Europäischen Union.
Entgegen meiner Erwartungen blieb Frau von der Leyen während der gesamten Debatte anwesend – ein Zeichen für den Druck, unter dem sie steht. Das anschließende Plenum zeigte die bekannten Fronten: Die EVP setzt auf Aufrüstung und sucht Rückendeckung aus Washington. Die Sozialdemokraten kritisieren zwar Sozialabbau, fordern aber gleichzeitig mehr Rüstung und Sozialstaat – ein Widerspruch. Die Grünen wollen einen militärischen Sieg über Russland, aber natürlich klimaneutral. Bei den Liberalen schwankt man zwischen Globalisierung und Aufrüstung, besonders niederländische Abgeordnete trommeln für das Militär. Die Linke kritisiert erfrischend klar Militarisierung und Sozialabbau. Dem kann ich mich nur anschließen. Die Patrioten sehen vor allem US-Zölle als Problem, die ECR verweist auf die wirtschaftliche Erfolglosigkeit der EU. Die ESN-Fraktion kritisiert die Migrationspolitik, fordert mehr Diplomatie, bleibt aber bei Israel gespalten.
Kollegen wie Fabio De Masi und Thomas Geisel fordern offen den Rücktritt von der Leyens. Sie selbst zeigt sich unbeeindruckt und fühlt sich sogar gestärkt – mir bleibt dazu nur „therapieresistent“ zu sagen.
Wenig überraschend wurden diesmal zwei Misstrauensanträge eingereicht – von links und rechts, mit verschiedensten Vorwürfen: autoritärer Stil, undurchsichtige Impfstoffdeals, eigenmächtige Aufrüstung und Missachtung der Budgetrechte des Parlaments. Für ein erfolgreiches Misstrauensvotum bräuchte es aber eine Zweidrittelmehrheit. Ob es zur Abstimmung kommt, bleibt offen – die Unzufriedenheit ist jedenfalls deutlich gestiegen.
Warum aber kein gemeinsamer Antrag? Die bekannten Brandmauern zwischen den Lagern verhindern echte Zusammenarbeit. Doch ohne Dialog können wir die Demokratie nicht retten.
Mein Fazit: Anspruch und Wirklichkeit in Europas Politik klaffen weit auseinander. Aber es gibt Bewegung – jetzt liegt es an uns, sie zu nutzen.