In meinem aktuellen Bericht aus Brüssel konstatiere ich, dass im Schatten der Öffentlichkeit die Militarisierung der Europäischen Union weiter voranschreitet – und das über Umwege. Im Beschäftigungsausschuss und auch im Währungsausschuss wurden neue Maßnahmen auf den Weg gebracht, mit denen die EU-Kommission künftig noch leichter europäisches Steuergeld für militärische Zwecke einsetzen kann.
Warum diese Umwege? Die Statuten der EU verbieten es eigentlich, EU-Gelder für Rüstung zu verwenden. Schließlich war die EU einst als Friedensprojekt gegründet worden. Doch nun wird beispielsweise der Fonds für soziale Zwecke umetikettiert und auf „strategische Herausforderungen“ ausgerichtet. Ein angeblich immer bedrohlicheres Szenario wird beschworen – Russland und China werden als Feindbilder aufgebaut, während die Fehler der eigenen Außenpolitik geflissentlich ausgeblendet werden. Unter dem Einfluss einer solchen Rhetorik und der Ignoranz gegenüber der eigenen Mitverantwortung bilden sich Mehrheiten, bei denen unsere kritischen Stimmen in der Abstimmung leider untergehen.
Doch ich darf auch festhalten, dass es ein erfreuliches Zeichen von parlamentarischer Kontrolle gibt: Der Ausschuss für Rechtmäßigkeit der EU-Institutionen hat festgestellt, dass die 150 Milliarden Euro, die Frau von der Leyen gemeinsam mit dem Europäischen Rat über die Europäische Investitionsbank als „Safety Action for Europe“-Programm vergeben wollte, eigentlich vorher vom Parlament hätten geprüft werden müssen. Jetzt klagt das Parlament gegen die EU-Kommission und Frau von der Leyen vor dem Europäischen Gerichtshof. Ein seltenes, aber wichtiges Lebenszeichen unserer parlamentarischen Rechte!
Auch zur Außenpolitik berichte ich Neues – allerdings wenig Erfreuliches: Ich habe Frau Kallas, der neuen Hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik, einen Brief geschrieben und sie gefragt, welche Konsequenzen die EU gegenüber der israelischen Regierung wegen der Vorgänge in Gaza ziehen wird. Ihre Antwort: ausweichend, nichtssagend. Menschenrechtsverletzungen werden zwar diskutiert, aber konkrete Maßnahmen? Fehlanzeige – da sollen die 27 Mitgliedsstaaten jeweils selbst entscheiden. Als gäbe es kein Assoziationsabkommen der EU mit Israel! Mein Kollege Martin Sonneborn fand im Plenum erst kürzlich sehr treffende Worte zu Ihren diplomatischen Fähigkeiten: • Cuba Libre, Kallas!
Es klingt alles sehr ernüchternd. Aber wir lassen uns nicht entmutigen – und Sie sollten das auch nicht! Es lohnt sich immer, mit gesundem Menschenverstand für das Richtige einzutreten. Aufgeben ist keine Option!